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Konkludentes Handeln: Umfassender Überblick

Konkludentes Handeln, auch schlüssiges Handeln genannt, ist ein zentrales Konzept im deutschen Zivilrecht. Es beschreibt eine Handlung, durch die der Handelnde seinen Willen zum Ausdruck bringt, ohne dabei ausdrücklich eine Erklärung abzugeben. Diese Form der Willensäußerung ist in vielen alltäglichen Situationen und Rechtsgeschäften von Bedeutung. Dieser Beitrag beleuchtet die verschiedenen Arten des konkludenten Handelns und erläutert anhand einfacher Beispiele sowie besonderer Fallgestaltungen wie dem Bezug immaterieller Güter die rechtlichen Implikationen.

Definition und Grundlagen

Konkludentes Handeln liegt vor, wenn jemand durch sein Verhalten zu erkennen gibt, dass er einen bestimmten Willen hat, ohne diesen ausdrücklich zu äußern. Es handelt sich um eine stillschweigende Willenserklärung, die durch objektive Betrachtung des Verhaltens erkennbar wird. Ein wesentlicher Aspekt ist dabei, dass das Verhalten einen bestimmten rechtlichen Erfolg bezweckt und dies für einen objektiven Dritten erkennbar ist.

Arten des konkludenten Handelns

  1. Konkludentes Handeln durch Handeln
  2. Konkludentes Handeln durch Unterlassen (Schweigen)
  3. Konkludentes Handeln durch Duldung
1. Konkludentes Handeln durch Handeln

Diese Art des konkludenten Handelns liegt vor, wenn eine Person durch ihr aktives Verhalten zu erkennen gibt, dass sie einen bestimmten rechtlichen Willen hat. Typische Beispiele sind:

  • Beispiel 1: Kauf im Supermarkt Ein Kunde legt Waren auf das Kassenband und gibt dadurch konkludent zu erkennen, dass er diese kaufen möchte. Der Kassierer scannt die Waren und nennt den Preis, womit er ebenfalls konkludent erklärt, die Waren verkaufen zu wollen.
  • Beispiel 2: Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel Eine Person betritt einen Bus und setzt sich. Durch dieses Verhalten bringt sie konkludent zum Ausdruck, dass sie die Dienstleistung des Transports in Anspruch nehmen möchte und die entsprechenden Beförderungsbedingungen akzeptiert.
2. Konkludentes Handeln durch Unterlassen (Schweigen)

Schweigen wird im deutschen Recht grundsätzlich nicht als Willenserklärung gewertet. Es gibt jedoch Ausnahmen, bei denen Schweigen als konkludente Zustimmung interpretiert wird:

  • Beispiel 1: Kaufmännisches Bestätigungsschreiben Ein Kaufmann erhält ein Bestätigungsschreiben über einen mündlich geschlossenen Vertrag und reagiert nicht darauf. Das Schweigen kann in diesem Fall als Zustimmung zum Inhalt des Schreibens gewertet werden (§ 362 HGB).
  • Beispiel 2: Mitgliedschaft in Vereinen Ein Vereinsmitglied, das nicht auf die Einladung zur Mitgliederversammlung reagiert, gibt konkludent zu erkennen, dass es mit der Einberufung und dem Termin einverstanden ist.
3. Konkludentes Handeln durch Duldung

Duldung liegt vor, wenn jemand eine Handlung eines anderen wissentlich geschehen lässt, ohne dagegen einzuschreiten, und dadurch konkludent seine Zustimmung gibt:

  • Beispiel 1: Vermieter und Mieter Ein Vermieter duldet über einen längeren Zeitraum die Nutzung eines Kellerraums durch den Mieter, ohne dies zu verbieten. Daraus kann geschlossen werden, dass der Vermieter konkludent zugestimmt hat, dass der Mieter den Raum nutzen darf.
  • Beispiel 2: Parkplatznutzung Ein Grundstückseigentümer lässt regelmäßig zu, dass Nachbarn auf seinem Grundstück parken, ohne dies zu untersagen. Dies kann als konkludente Erlaubnis zur Nutzung des Parkplatzes gewertet werden.

Abhängigkeit von der Art der Person

Das konkludente Handeln kann je nach Art der beteiligten Personen unterschiedlich bewertet werden. Insbesondere wird hierbei zwischen Verbrauchern und Kaufleuten unterschieden, da für Kaufleute spezielle Regelungen gelten, die im Handelsgesetzbuch (HGB) festgelegt sind.

  • Verbraucher: Bei Verbrauchern, die keine geschäftliche Tätigkeit ausüben, wird konkludentes Handeln strenger bewertet.
    Es wird erwartet, dass der Wille des Verbrauchers klar und eindeutig erkennbar ist. Schweigen gilt bei Verbrauchern in der Regel nicht als Zustimmung, es sei denn, es liegt eine ausdrückliche Vereinbarung vor
    .
  • Kaufleute: Für Kaufleute gelten andere Maßstäbe. Nach § 362 HGB kann Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben als Zustimmung gewertet werden.
    Dies beruht auf der Annahme, dass Kaufleute mit den Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs vertraut sind und bei Unstimmigkeiten sofort reagieren würden. Diese Sonderregelungen spiegeln das höhere Maß an Professionalität und Geschäftserfahrung wider, das von Kaufleuten erwartet wird.

Konkludentes Handeln und Widerrufsrecht bei Verbrauchern

Bei Verbrauchern spielt das Widerrufsrecht eine besondere Rolle, insbesondere im Fernabsatz und bei Haustürgeschäften. Ein Vertrag, der einem Verbraucher übersendet wird, enthält häufig eine Widerrufsbelehrung. Diese Belehrung informiert den Verbraucher über sein Recht, den Vertrag innerhalb einer bestimmten Frist zu widerrufen.

  • Einfluss des Widerrufsrechts auf konkludentes Handeln: Das Widerrufsrecht kann das konkludente Handeln des Verbrauchers in einem anderen Licht erscheinen lassen. Ein Verbraucher, der einen Vertrag erhält und eine Widerrufsbelehrung, wird nicht allein durch sein Schweigen oder das bloße Nichtreagieren auf den Vertragsinhalt gebunden. Das Widerrufsrecht gibt dem Verbraucher die Möglichkeit, sich innerhalb der Widerrufsfrist (in der Regel 14 Tage) vom Vertrag zu lösen, auch wenn er zuvor durch konkludentes Handeln möglicherweise den Eindruck erweckt hat, den Vertrag anzunehmen.
  • Beispiel: Online-Kauf Ein Verbraucher bestellt online eine Ware und erhält eine Bestellbestätigung sowie eine Widerrufsbelehrung. Selbst wenn der Verbraucher die Ware entgegennimmt und die Bestellbestätigung nicht explizit widerruft, hat er dennoch die Möglichkeit, den Vertrag innerhalb der Widerrufsfrist zu widerrufen. In diesem Fall hat das Widerrufsrecht Vorrang vor dem konkludenten Handeln durch die Annahme der Ware.

Sonderfall: Immaterielle Güter wie Strom

Für immaterielle Güter wie Strom, Gas oder andere Dienstleistungen gelten ähnliche Grundsätze wie bei materiellen Sachen.

Auch hier wird das Schweigen des Verbrauchers grundsätzlich nicht als Zustimmung gewertet. Es gibt jedoch keine spezifische Vorschrift im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) wie § 241a, die explizit unbestellte immaterielle Leistungen abdeckt. Dennoch greifen allgemeine Grundsätze des Vertragsrechts, insbesondere hinsichtlich der Annahme von Vertragsangeboten.

  • Beispiel: Strombezug Wenn ein Verbraucher plötzlich eine Rechnung für Strom erhält, den er nicht bestellt hat, muss er nicht reagieren. Durch sein Schweigen oder die Nichtzahlung der Rechnung wird er nicht automatisch zum Vertragsnehmer. Das Unternehmen kann keinen Anspruch aus dem angeblichen Vertrag geltend machen, da keine Willenserklärung des Verbrauchers vorliegt.

Verpflichtung zur Reaktion bei zugeschickten Verträgen

Wenn ein Verbraucher jedoch einen Vertrag zugeschickt bekommt, den er angeblich an einem bestimmten Tag abgeschlossen hat, und dieser Vertrag eine Widerrufsbelehrung enthält, sollte er reagieren, um Missverständnisse und rechtliche Probleme zu vermeiden.

Der Verbraucher sollte schriftlich klarstellen, dass er den Vertrag nicht abgeschlossen hat, um eine konkludente Zustimmung zu vermeiden.

  • Widerspruch gegen den Vertrag: Der Verbraucher sollte schriftlich gegenüber dem Vertragspartner klarstellen, dass er den zugeschickten Vertrag nicht abgeschlossen hat und die darin enthaltene Widerrufsbelehrung irrelevant ist, da kein Vertrag existiert.
  • Beweissicherung: Es ist ratsam, den Widerspruch per Einschreiben mit Rückschein zu versenden, um später nachweisen zu können, dass der Widerspruch rechtzeitig und formgerecht erfolgt ist.

Faktum

Konkludentes Handeln ist ein vielseitiges und im Alltag häufig anzutreffendes Rechtsprinzip. Es ermöglicht die Durchführung von Rechtsgeschäften und Willenserklärungen ohne ausdrückliche Worte. Bei immateriellen Gütern wie Strom gelten ähnliche Grundsätze wie bei materiellen Sachen: Schweigen wird grundsätzlich nicht als Zustimmung gewertet. Wenn ein Verbraucher jedoch einen Vertrag zugeschickt bekommt, den er angeblich abgeschlossen hat, sollte er aktiv widersprechen, um Missverständnisse und rechtliche Probleme zu vermeiden. Diese Grundsätze schützen Verbraucher vor ungewollten Vertragsbindungen und stellen sicher, dass nur durch eine ausdrückliche Willenserklärung eine vertragliche Bindung entsteht.